Rassenhygiene mit Freigeld und Freiland

Freiland, Freihandel und Freigeld bilden laut Gesell die Elemente einer „natürlichen Wirtschaftsordnung“. Er rühmt diese als „eine Ordnung, in der die Menschen den Wettstreit mit der ihnen von der Natur verliehenen Ausrüstung auf vollkommener Ebene auszufechten haben, wo darum dem Tüchtigsten die Führung zufällt, wo jedes Vorrecht aufgehoben ist und der Einzelne, dem Eigennutz folgend, geradeaus auf sein Ziel lossteuert, ohne sich in seiner Tatkraft durch Rücksichten ankränkeln zu lassen…“ „Diese natürliche Wirtschaftsordnung“, fährt Gesell fort, „könnte man auch als ,Manchestertum’ bezeichnen, jene Ordnung, die den wahrhaft freien Geistern immer als Ziel vorgeschwebt hat… Die Manchesterschule war auf dem richtigen Wege, und auch das, was man von Darwin her später in diese Lehre hineintrug, war richtig.“ Die Fehler des Manchesterkapitalismus, Privilegien des Grund- und Geldbesitzes zu akzeptieren, will Gesell korrigieren, um das eigentliche Ziel, die Höherzüchtung der Menschheit, zu garantieren: „Die Auslese durch den freien, von keinerlei Vorrecht mehr gefälschtem Wettstreit wird in der Natürlichen Wirtschaftsordnung vollständig von der persönlichen Arbeitsleistung geleitet… Denn die Arbeit ist die einzige Waffe des gesitteten Menschen in seinem ,Kampfe ums Dasein`. (…) Doch steht es außerhalb jedes Zweifels, daß der freie Wettbewerb den Tüchtigen begünstigt und seine stärkere Fortpflanzung zur Folge hat.“ Eine solche „Rassenpolitik“, schreibt Gesell, „darf nicht an Staaten, Landesgrenzen, an Staatsgesetze gebunden werden. Rassenpolitik ist ureigene Angelegenheit jedes einzelnen Menschen“. Es folgt ein antisemitisches Stereotyp: „Das einzige Volk, das seit Jahrtausenden beharrlich Rassenpolitik treibt, die Juden, hat überhaupt kein eigenes Land, und kennt die Staatshoheit nicht.“

Die Auslese leitet Gesell aus ewigen Naturgesetzen ab: „Diese Gesetze aber wollen den Wettstreit. Nur auf dem Wege des Wettbewerbs, der sich überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiete abspielt, kann es zur förderlichen Entwicklung, zur Hochzucht kommen. Wer daher die Zuchtgesetze der Natur in ihrer vollen, wundertätigen Wirksamkeit erhalten will, muß die Wirtschaftsordnung darauf anlegen, daß sich der Wettbewerb auch wirklich so abspielt, wie es die Natur will, d.h. mit der von ihr gelieferten Ausrüstung, unter gänzlicher Ausschaltung von Vorrechten. Der Erfolg des Wettstreites muß ausschließlich von angeborenen Eigenschaften bedingt sein, denn nur so wird die Ursache des Erfolges auf die Nachkommen vererbt… Dann darf man hoffen, daß mit der Zeit die Menschheit von all dem Minderwertigen erlöst werden wird, mit dem die seit Jahrtausenden von Geld und Vorrecht geleitete Fehlzucht sie belastet hat, daß die Herrschaft den Händen der Bevorrechteten entrissen werden und die Menschheit unter Führung der Edelsten den schon lange unterbrochenen Aufstieg zu göttlichen Zielen wieder aufnehmen wird.“

Auch das Freiland-Konzept dient eugenischen Zielen. Die Pachtzahlung erfolgt zunächst an den Staat „und wird restlos an die Mütter nach der Zahl der Kinder verteilt“, als „Mutterrente“. Die „Rückkehr der Frau zur Landwirtschaft“ ist laut Gesell „die glücklichste Lösung der Frauenfrage“. Die „Vorrechte bei den Geschlechtern“ sind aufgehoben, die Grundrente als ökonomische Sicherheit gewährt den Frauen „das freie Wahlrecht… und zwar nicht das inhaltsleere politische Wahlrecht, sondern das große Zuchtwahlrecht, dieses wichtigste Sieb der Natur.“ Die Frauen würden damit den schädlichen Einfluß der Medizin ausgleichen, die die „Erhaltung und Fortpflanzung der fehlerhaft geborenen Menschen“ bewirkt. „Soviel Krankhaftes auch der Auslesebetätigung der Natur durch die Fortpflanzung der Fehlerhaften zugeführt wird, sie wird es bewältigen. Die ärztliche Kunst kann dann die Hochzucht nur verlangsamen, nicht aufhalten.“

In dem Roman „Der abgebaute Staat“ betont Gesell die Züchtung von „Kraft, Gesundheit, Geist, Schönheit“ als gesellschaftliche Ziele. Frauen haben sich dem unterzuordnen, Verhütung ist schlecht, weil es dann an menschlichem „Auslesematerial“ mangelt. Kopfzerbrechen bereitet Gesell das „Überbevölkerungsproblem“. Einerseits werde es weniger Geburten geben, weil Frauen länger nach geeigneten Väter suchen und nur „die Lebensbejahenden“ gebären. Die übrigen Frauen würden sich sterilisieren lassen und lohnabhängig sein. Nach seiner sozialdarwinistischen Logik sterben diese Frauen aus und nur die „Lebensbejahenden“ pflanzen sich fort, so daß Gesell die „Gefahr einer künftigen Überbevölkerung“ befürchtet.

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